Bewerbung in Deutschland 2. Teil

14 September 2014 in .... herz

So fuhr ich dann an dem bewussten Tag mit angespannten Nerven, im Auto noch mal alles repetierend, nach Deutschland . Ich war wie immer zu früh. Dies habe ich mir im Laufe meines Lebens angewöhnt, da man ja nie wissen kann, wie es läuft. Ich war also zu früh und beschloss, mich schon mal zu melden und mich in dem Gebäude umzuschauen. Ich war die Letzte in der Reihe, mit denen man Gespräche führte, und wurde auf den Flur gesetzt. Ohne Kaffee oder Tee. Da saß ich dann und wartete. Letztendlich wurde ich aufgerufen und ging in das Sprechzimmer, wo ich wirklich von sechs Leuten empfangen wurde. Na ja, der Schreck war weniger groß, da ich dies ja erwartet hatte. Einer war Gesprächsleiter, stellte Fragen, ließ mich Fragen stellen……. und der Rest guckte zu, was ich wirklich als sehr unangenehm empfand. Ich merkte, dass ich irgendwie alle Leute ‚im Visier‘ behalten wollte, was sehr anstrengend war. Nach 20 Minuten war unser Gespräch fast zu Ende. Der Mitarbeiter der Personalabteilung nahm das Wort und klärte mich über mein Gehalt auf. Der Zeitpunkt machte mich sehr stutzig – dies ist doch unser 1e Gespräch(?) – aber noch mehr die Höhe/Tiefe des Gehaltes. Ich war total perplex, konnte mich gerade noch ‚fangen‘ und probierte einigermaßen freundlich zu erwidern, dass ich das Thema ‚Gehalt‘ zu diesem Zeitpunkt nicht erwartet hatte. Ich gab an, dass mich der Betrag schockierte. Deren Antwort war: ‚dann haben wir das schon mal ausgesprochen und wegen der Höhe ‚Sie haben ja noch nie bei einer Gemeinde gearbeitet?‘ ‘Stimmt, habe ich ja nicht. Ich habe in diesem Arbeitsbereich – das Begleiten und Coach und Motivieren – viel Erfahrung gesammelt, die ich hier einsetzen wollte‘. Der Gesprächsleiter beendet abrupt das Gespräch. Es sollte intern überlegt werden. Ich wurde verabschiedet und ging ‚demotiviert‘ nach draußen. Da ich dachte, dass dies ‚mein letzter Akt‘ in dieser Vorstellung war, entschloss ich mich noch einmal richtig ausgiebig Kuchen zu essen, von dem Städtchen zu genießen und deutsche Lebensmittel einzukaufen. Zu Hause erzählte ich, dass dieser Traum vorüber wäre. Es lief ja gleichzeitig eine Bewerbung in den Niederlanden. Am nächsten Tag klingelte das Telefon. Der Personalleiter rief mich an und erzählte mir, dass ich die ‚Stelle‘ bekäme. Ich war total perplex. ‚Und das nach meinem Auftreten?‘. Das Gehalt wurde um zwei Gehaltsstufen erhöht. Man war sich sicher, dass ich eine gute Kandidatin wäre, deren Erfahrungen man gut gebrauchen könnte. Ich war perplex. Bei mir war alles auf ‚nein‘ programmiert. Ein ‘ja’ hatte ich sowieso gar nicht erwartet.
Jetzt fing das Rechnen an. Gehaltsstufen, Netto/Brutto, Arbeiten als Niederländerin in Deutschland, keine Reisespesen und das für den langen Weg, Doppelbesteuerung, Krankenversicherung, Steueridentifikation. Mir wurde ganz schwindelig. Ich wollte doch nur in Deutschland meine Karriere beenden. Und dann die Arbeit selber. Ich sage immer zu meinen Coachees: Guck auch, fühle auch, ob dir die Atmosphäre gefällt, der ganzen Kontext etc. Deutsche in Holland wohnende Freundinnen, die eine vergleichsweise Erfahrungen hatten, haben mir bei dieser Entscheidung geholfen. Ich habe letztendlich abgesagt! Mit schwerem Herzen! Aber es fühlte sich nicht ok an. Und das tat weh. Ich wollte meine Erfahrungen und meine Ausbildung, mein ich, in Deutschland zu Nutzen machen. Und dieses Mal hat es nicht geklappt. Nach einigen Tagen Bauchweh kam ich zur Erkenntnis, dass ich meine Erfahrungen nicht bei einer Organisation einsetzen müsste sondern irgendwie als Berater oder Supervisor ‚overkoepelend‘ bei mehreren Organisationen. Also wer weiß. ‚Nu even niet‘.

3 reacties | laat een reactie achter ↓

1 Tom 22 September 2014 at 3:34 PM

Einerseits schade, andererseits sicher eine richtige Entscheidung, die dir letztlich viel Frust erspart. Immerhin eine besondere (und wie ich mir vorstellen kann: egoschmeichelnde) Erfahrung, die mal wieder zeigt: Das Gefühl ist mindestens ebenso wichtig wie die nüchternen Fakten.
Succes verder! 🙂

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2 Tom 22 September 2014 at 3:43 PM

…nog vergeten (beetje off-topic weliswaar) – Buchempfehlung:
Merlijn Schoonenboom “Waarom we ineens van de Duitsers houden (maar zij daar zelf van schrikken)”, ISBN 9789045023878

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3 Claudia van der Velpen 24 September 2014 at 8:36 AM

Tom, danke dir für deine Buchempfehlung. Habe auch schon mal geschnüffelt und bin zur Präsentation des Buches gegangen. Merlijn hat seine Erfahrungen mit den Deutschen und die Veränderung der Haltung der heutigen Deutschen sehr treffend geschrieben. Ob es immer so stimmt? weiss ich nicht. Da hat jeder wohl seine eigenen Erfahrungen. Die auf dem ‘Amt’ erfahre ich immer noch so wie zu der Zeit, in der ich selber noch in Deutschland lebte. Interessant finde ich die Frage, ob es gleich erscheint, weil ich es so erwarte, oder ob es wirklich so ist.

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