Die Fasen des Abschiednehmens

19 September 2012 in .... herz

 In dieser (traurigen) Zeit beschäftigt mich eben diese Frage ‚Wann nimmt man nun eigentlich Abschied vom Mutterland? Man hat einen holländischen Freund, wägt man wo man das gemeinsame Leben verbringen will. Holland oder Deutschland? In der Abwägung nimmt man sicher mit, dass man Deutschland und die Familie nicht mehr so oft sehen wird. Aber man ist ja noch jung und flexibel. Das bisschen extra Reisezeit schafft man auch noch. Es ist ja auch eine Herausforderung, ein kleines Abenteuer. Man heiratet, feiert groß und lange mit allem Pi Pa Po: Polterabend, Standesamt, Familienfeier. Alles um sich selbst und den anderen die Gelegenheit zu geben Abschied zu nehmen. Am nächsten Wochenende ist man dann wieder in Deutschland. Aber trotzdem es fängt an alles anders zu werden. Im Laufe der Zeit integriert man weiter in Holland. Man arbeitet und kommt in Kontakt mit dem niederländischen Arbeitsethos. Es kommen Kinder. Man muss sich mit Schulsystem, Versicherungen und der Erziehungsmethode (auch andere Eltern) auseinandersetzen. Und wie ein roter Faden läuft Deutschland nebenher. Familie gibt es noch, man besucht sich, ‚verder niets aan de hand’. Man wird älter und merkt mit einem Mal, dass man emotional weiter von Deutschland entfernt ist. ‚nog verder niets aan de hand’. Und trotzdem: irgendwie, ohne es zu merken, hat man weiter Abschied und Abstand von Deutschland genommen. Die Situation verändert sich vom onbewussten Abschiednehmen zum mehr bewussten Abschiednehmen in dem Moment wo die Eltern krank und hilfs- und pflegebedürftig werden. Wenn die Entfernung sich rächt und man nicht mehr ‚op de koffie’ nach Hause fahren kann. Sondern ein Wochenende planen muss, um dorthin zu fahren. Man macht es gerne. Merkt aber auch, dass man das Krankensystem und die Gesetze nicht mehr kennt, um als Ansprechpartner der Familie und des Pflegeheims zu dienen. Das tut weh! Und wenn es dann noch weiter bergabwärts geht, die Grenze zwischen humanem und inhumanem Dasein erreicht wird, dann wird man zusätzlich konfrontiert mit Tabus und wieder anderen Gesetzen. Aber auch mit dem Schritt, den man einstmalig mit dem Umzug in ein anderes Land gesetzt hat. Deutschland/Holland und der Frage der Sterbehilfe. Was in dem einen Land geregelt werden könnte, geht in dem anderen grundsätzlich nicht. Man muss es akzeptieren. So schwer es ist. So leid es dem Kranken gegenüber tut. Man kann nichts tun, nur warten. Bis dann auch das Ausharren belohnt wird. So sonderbar dies auch klinkt. Der letzte Schritt im Lebens. Trauer, Ohnmacht….. Abschied. Auch da gelten andere Regeln. Und in dieser Fase der Nach – Trauerzeit realisiert man sich, dass dieser Abschied auch das Abschiednehmen des Zuhauses und des Mutterlandes bedeutet.

6 reacties | laat een reactie achter ↓

1 Alexandra 19 September 2012 at 2:29 PM

Gerade bei diesen schwierigen Themen sind die Gegebenheiten und nicht zuletzt die Rechtslage in den Niederlanden und Deutschland doch sehr verschieden. Schmerzhaft, wenn man damit in den eigenen Kreisen konfrontiert wird. Ich danke Dir für diesen zum Nachdenken anregenden Blogpost, Sabine. Alles Gute und heel veel sterkte!

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2 Trijntje 21 September 2012 at 10:52 AM

Veel sterkte!

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3 Claudia van der Velpen 21 September 2012 at 12:52 PM

Danke Euch beiden für die lieben Worte.

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4 Jutta 16 October 2012 at 8:58 AM

Lange nicht hereingeschaut Claudia, eben wegen dieser Abschiedsphase von den Wurzeln in der auch ich mich bereits ein wenig befinde. In den letzten Wochen wöchentlich in Deutschland gewesen und dann fehlt hier die Zeit. Danke für Deinen Blog mit der Offenheit das zu benennen wie es wohl vielen von uns geht.
Ook van mij heel veel sterkte toegewenst.

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5 Claudia van der Velpen 23 October 2012 at 6:35 PM

Hallo Jutta, ich wünsche dir in dieser Phase viel Kraft und Ausdauer. Und danke auch für dein Mitgefühl. Ab und zu zweifele ich, ob ich nicht zu offen bin. Aber deine Worte machen mir Mut. Es ist ja auch etwas was wohl auch andere Leute durchstehen müssen. Gedeelde smart is halve smart, of zo iets.

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6 Claudia van der Velpen 31 October 2012 at 9:10 AM

Weitere Informationen und Unterschiede zwischen Deutschland und Niederland zu diesem Thema habe ich auf diesem Blog gelesen. http://www.buurtaal.de/blog/asche-vom-winde-verweht.

Vorig artikel:

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